Zeile 205: | Zeile 205: | ||
**Live-Stream einer Vorlesung | **Live-Stream einer Vorlesung | ||
**[[Webkonferenz|Webinar]] (Adobe Connect: [https://www.vc.dfn.de/webkonferenzen/ hier die Installation des dfn]) | **[[Webkonferenz|Webinar]] (Adobe Connect: [https://www.vc.dfn.de/webkonferenzen/ hier die Installation des dfn]) | ||
|} | |} | ||
=== Quadrant IV: kooperativ/Präsenzveranstaltung === | === Quadrant IV: kooperativ/Präsenzveranstaltung === |
Version vom 13. Juni 2017, 11:14 Uhr
Einführung
Bereits seit den 1970er Jahren lässt sich im hochschuldidaktischen Diskurs ein Perspektivwechsel vom Lehren zum Lernen (“shift from teaching to learning”) beobachten, der durch die Bologna-Reform zusätzlich befördert wurde. Im Zentrum der Lehre soll demnach nicht mehr der Lehrende stehen, der die Inhalte und Lehrziele seiner Veranstaltung festlegt, sondern die Studierenden und ihr Lernprozess. Kennzeichnend für die “Studierendenzentrierung”, dem Kernelement der europäischen Studienreform, ist die veränderte Rolle des Dozierenden, der eher als Lernbegleiter als als Wissensvermittler fungiert. Zugleich steht im Vordergrund, was Studierende am Ende einer Lehrveranstaltung bzw. ihres Studiums wissen, verstehen und in der Lage sind zu tun, d. h. welche Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen sie erworben haben (Schaper 2012, S. 34 ff) (vgl. Abb. 1).
Der geforderte Wandel der Lehr- und Lernkultur an Hochschulen stellt diese vor die Herausforderung, Curricula nicht länger am Wissenskanon der jeweiligen Fächer zu orientieren, sondern an akademischen Kompetenzen, die sich aus den beruflichen und gesellschaftlichen Anforderungen ergeben. Diese können beschrieben werden als “spezifische Befähigungen zur Anwendung wissenschaftlicher Konzepte auf komplexe Anforderungskontexte, zur wissenschaftlichen Analyse und Reflexion, zur anschlussfähigen Kommunikation von Wissensbeständen, -konzepten und -methoden sowie zur Selbstregulierung und Reflexion des eigenen problemlösungs- und erkenntnisgeleiteten Handelns” (Schaper 2012, S. 93), wobei das Fachwissen immanenter Bestandteil bleibt. Lernergebnisse oder auch learning outcomes sind “zentrale Elemente, um nicht zu sagen der Dreh- und Angelpunkt einer kompetenzorientierten Studiengangsgestaltung” (Schaper 2012, S. 46). Indem eine Fokussierung auf den Lernerfolg stattfindet, sich Lehrende also nicht länger die Frage stellen, welche Fachinhalte sie vermitteln möchten, sondern welche Kompetenzen ihre Studierenden entwickeln bzw. welche Lernergebnisse sie erreichen sollen und wie sie dabei bestmöglich zu unterstützen sind, kann der Perspektivwechsel vom Lehren zum Lernen befördert werden.
Lehrveranstaltungsgestaltung nach dem Constructive Alignment
Der zuvor beschriebene Paradigmenwechsel in der Hochschullehre stellt neue Anforderungen an die Konzeption und Durchführung von Lehrveranstaltungen. Um diese zu erfüllen, kann das Konzept des Constructive Alignment angewandt werden, das unabhängig von Fachkulturen und Inhalten zur Gestaltung von Lehre eingesetzt werden kann (Baumert & May 2013, S. 27). Im Constructive Alignment geht es darum, “dass die intendierten Outcomes des Lernprozesses klar definiert und den Studierenden explizit verdeutlicht werden und die Prüfungs- und Lernaktivitäten stringent auf die ‘Learning Outcomes’ abgestimmt werden." (Schaper 2012, S. 62). Lernergebnisse, Prüfung und Lernaktivitäten/Lernprozess sind folglich interdependent und in Einklang zu bringen (vgl. Abb. 2).
Um eine Veranstaltung nach dem Constructive Alignment zu gestalten, werden zunächst die intendierten Lernergebnisse definiert, dann die Prüfungsformen festgelegt und erst auf dieser Basis die eigentliche Lehrveranstaltung konzipiert. Dabei werden Aufbau, Struktur und Inhalte der Veranstaltung sowie die detaillierte Planung der Lernaktivitäten am Zusammenhang von Lernergebnis und Prüfung ausgerichtet. Dieses Vorgehen muss nicht streng linear sein (ausgedrückt durch die gestrichelten Pfeile in Abb. 2): Lernergebnisse können durchaus überarbeitet oder verworfen werden, wenn sie nicht sinnvoll zu prüfen sind. Ebenso können bereits in die vorbereitenden Überlegungen zu den Lernergebnissen Gedanken zur Gestaltung der Lernaktivitäten einfließen und umgekehrt. Zur Revision von Lernergebnissen und/oder Prüfungsformen kann es zudem kommen, wenn die Realisierung eines erforderlichen Lernprozesses nicht möglich ist. Grundsätzlich sollten die intendierten Lernergebnisse immer klar kommuniziert und die Lernaktivitäten/Lernprozesse so konzipiert werden, dass die Studierenden die intendierten Lernergebnisse erreichen können und die Prüfung auch genau das Erzielen der Lernergebnisse feststellt. Eine gelungene Abstimmung der Prüfung auf die intendierten Lernergebnisse erhöht die Transparenz für die Studierenden und führt dazu, dass sie gezielter und selbständiger auf das Erreichen der Lernergebnisse hinarbeiten. Darüber hinaus tragen Lernaktivitäten/Lernprozesse, die spürbar auf eine Prüfung vorbereiten, dazu bei, dass die Lernmotivation aufseiten der Studierenden länger aufrecht erhalten wird (ProLehre o. J., S. 9).
Definition und Formulierung von Lernergebnissen
Die Definition von Lernergebnissen ist ein wichtiges Planungs- und Kontrollinstrument für die Hochschullehre. Stehen erst einmal die Lernergebnisse für eine Lehrveranstaltung fest, können in einem nächsten Schritt geeignete Prüfungsformen bestimmt und Lernaktivitäten geplant werden. Dies fällt umso leichter, je konkreter die Lernergebnisse formuliert wurden. Hierbei kann folgende Leitfrage hilfreich sein: Was sollen meine Studierenden in welcher Tiefe und Breite beherrschen? Zur Beantwortung dieser Frage kann die in Abbildung 3 dargestellte Taxonomie nach Bloom (1956) bzw. Krathwohl (2002) herangezogen werden, die zwischen einer kognitiven, affektiven und psychomotorischen Dimension von Lernergebnissen mit jeweils unterschiedlichen Niveaustufen unterscheidet. Höhere Niveaustufen schließen dabei das Beherrschen niedrigerer automatisch mit ein. Gleichzeitig bedeutet ein höheres Niveau abstraktere inhaltliche Anforderungen.
Anhand der drei Dimensionen mit ihren Niveaustufen können sowohl einfache theoretische als auch komplexe praktische Fertigkeiten beschrieben werden, die Studierende nach Abschluss der Lehrveranstaltung erworben haben sollen, wobei der Ausgangspunkt immer das Vorwissen der Studierenden sein sollte. Im Fall von Veranstaltungen des ersten Studiensemesters kann das Schulcurriculum Orientierung bieten, in Folgesemestern die Lernergebnisse des jeweiligen Vorsemesters (Nexus 2015, S. 3). Zur Formulierung von Lernergebnissen kann schließlich das folgende Prinzip angewandt werden (vgl. Abb. 4): Nach einem standardisierten Einleitungssatz werden die zu erbringenden Leistungen der Studierenden beschrieben (Inhalt) und anschließend qualifizierende Verben (konkretes Verb) verwendet, um die Dimension sowie die Niveaustufe des Lernergebnisses festzulegen.
Dabei sollte ein Lernergebnis mit nur einem (möglichst kurzen) Satz ausgedrückt werden und sich zugleich auf nur eine Tätigkeit/Aktion (Verb) beziehen. Es wird empfohlen, pro Veranstaltungsstunde drei bis fünf möglichst konkrete, klare und realistische Lernergebnisse zu formulieren, d. h. sie müssen überprüfbar sein (beobachtbar, messbar, beurteilbar) und in der zur Verfügung stehenden Zeit erreicht werden können. Gleichzeitig sollten die Lernergebnisse auf allen Stufen der Taxonomie (vgl. Abb. 3) angesiedelt sein, nicht nur auf der niedrigsten (Nexus 2015, ebd.).
Realisierung einer multimedial gestützten Lehrveranstaltung
Bei der Planung und Gestaltung der Lernaktivitäten/Lernprozesse einer Veranstaltung können die Phasen der klassischen Lehrveranstaltungsplanung und -durchführung Orientierung bieten (vgl. Abb. 5).
Danach werden im Rahmen der Konzeptionsphase gemeinsam mit den Lernergebnissen und Prüfungsformen auch die Lernaktivitäten/Lernprozesse festgelegt und anschließend entsprechend vorbereitet. Darauf folgt die Phase der eigentlichen Durchführung, wobei die einzelnen Veranstaltungssitzungen natürlich ebenfalls vor- und nachzubereiten sind. Während der Durchführung ist es zudem möglich, eine Zwischenevaluation vorzunehmen, auf deren Grundlage konzeptionelle Anpassungen erfolgen können. Die Durchführung der Lehrveranstaltung wird mit ihrem Abschluss evaluiert. In der Folge gehört die Reflexion der Evaluationsergebnisse und des Veranstaltungsablaufs ebenso zur Nachbereitung wie beispielsweise das Archivieren von Ergebnissen oder entstandenen Materialien. Die gesammelten Erfahrungen und Ergebnisse sollten schließlich zur Optimierung des Lehrveranstaltungskonzeptes genutzt werden. Für jede der beschriebenen Phasen sind außerdem sieben verschiedene didaktische Kernfragen zu beantworten bzw. Entscheidungen zu treffen, aus denen sich die Grob- und Feinkonzeption der Veranstaltung ergibt. Die Kernfragen beziehen sich zunächst auf die verfolgten Lehr- und Lernziele (wozu?), die damit verbundenen Lerninhalte (was?) und die Charakteristika der Zielgruppe (wer?). Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, können didaktische Entscheidungen getroffen werden, die das konkrete Lehr-Lernarrangement (wann? wo?) und den daran geknüpften Methoden- (wie?) sowie Medieneinsatz (womit?) betreffen (Ballod 2007).
Hinweis: Auf der Seite Leitfragen zur Erstellung eines Konzepts für eine multimedial gestützte Lehrveranstaltung sind Checklisten zu finden, die Hilfestellung bei der Berücksichtigung und Beantwortung der didaktischen Kernfragen bieten sollen.
Aufgrund der Frage nach den eingesetzten Medien als letzte zu treffende didaktische Entscheidung kann konstatiert werden, dass auch die Realisierung multimedial unterstützter Lehrveranstaltungen dem Prinzip der klassischen Lehrveranstaltungsplanung folgt (vgl. Abb. 6).
Insgesamt gibt es vielfältige Möglichkeiten, multimediale Elemente einzubinden, die sich grob in die drei Kategorien Online-Lerninhalte , Assessment-Elemente und Elemente der Aktivierung bzw. des Feedbacks unterteilen lassen. Das konkrete Arrangement dieser multimedialen Elemente wird vor der eigentlichen Durchführung der Lehrveranstaltung konzipiert und vorbereitet, indem z. B. der Kursraum der Lernplattform gestaltet wird, Lerninhalte mediendidaktisch aufbereitet oder Übungsaufgaben entwickelt werden. Während der Durchführung der Lehrveranstaltung werden die Studierenden bei der Arbeit mit den multimedialen Elementen adäquat betreut und deren Einsatz durch den Lehrenden entsprechend moderiert. Nach Durchführung der Lehrveranstaltung wird der Einsatz der multimedialen Elemente - genauso wie andere didaktische Elemente - evaluiert. Gleichzeitig können multimediale Elemente jedoch auch die Evaluation unterstützten. Gleiches gilt für die Phasen der Nachbereitung/Reflexion und Optimierung.
Ideenlandkarte
Abbildung 7 fokussiert die Phase “Durchführung der Lehrveranstaltung” aus Abbildung 6. Darin wird der chronologische Verlauf des Semesters von links nach rechts symbolisiert. In Abbildung 7 werden die digitalen Elemente nach den Aspekten Lernphase (Präsenzlehre/Lernen außerhalb der LV) und Form der Zusammenarbeit (individuell/gemeinsam) unterschieden und entlang einer Zeitachse dargestellt. Dabei werden Elemente, die am linken Rand der Grafik platziert sind, vor oder bei Semesterbeginn zur inhaltlichen Vorbereitung der Lehrveranstaltung eingesetzt. Elemente innerhalb der Kreisstruktur sind zeitlich dem Verlauf des Semesters zuzuordnen. Die Elemente am rechten Grafikrand symbolisieren solche Szenarien, die am Ende des Semesters stehen oder diesem nachgelagert sind. Dabei deutet der Kreis mit Pfeil die Wiederholung von Planung, Durchführung und Evaluation der einzelnen Veranstaltungstermine über das gesamte Semester hinweg an und wiederholt damit letztlich die Struktur aus Abbildung 6 “Realisierung einer multimedial gestützten Lehrveranstaltung” mit höherem Detaillierungsgrad. In drei Schichten sind die unterschiedlichen Phasen des Lernens dargestellt: in Präsenz an der Hochschule (mittlerer Streifen), im digital gestützten, individuellen Selbststudium (obere Schicht) und im digital gestützten, kooperativen Selbststudium (untere Schicht).
Die Symbole (blaues Sechseck , rotes Dreieck , grüne Raute ) stellen dabei exemplarische Lernanlässe in Form von multimedialen Lernelementen dar. Die in Abbildung 7 beispielhaft platzierten Online-Lernelemente können zeitlich-organisatorisch in den Ablauf eines Semesters und den sich wiederholenden Planungsrhythmus der einzelnen Veranstaltungstermine eingeordnet werden. An den farblichen Symbolen und der Aufteilung in Phasen lässt sich der Typ des multimedialen Elements und seine Eignung für den Einsatz in Online- bzw. Präsenzphasen sowie individuellen und kooperativen Lernszenarien ablesen. Dabei symbolisieren blaue Sechsecke multimediale Lernmaterialien, die sowohl online bereitgestellt als auch in der Präsenzphase eingesetzt werden (z. B. Übungsmaterial, Vorlesungsmitschnitt). Rote Dreiecke stellen alle Leistungsmessungs- oder sonstige Bewertungselemente dar, die im Laufe eines Semesters anfallen (z. B. Einstufungstest, Selbsttest, Prüfung). Gemeinsam ist ihnen, dass der Input der Studierenden bewertet wird und zu einer Beurteilung führt.
Grüne Rauten symbolisieren alle kommunikativen Elemente, die verwendet werden, um Studierende zu aktivieren oder Feedback einzuholen bzw. Feedback zu geben sowie Betreuung und Kommunikation während der Veranstaltung oder veranstaltungsbegleitend zu gewährleisten. Hier kann man erkennen, dass die zum Zwecke der Aktivierung/des Feedbacks eingesetzte Kommunikation meist zwischen Lehrenden und Studierenden stattfindet, aber auch in Gruppenprozessen zwischen Studierenden angesiedelt sein kann.
Die Ideenlandkarte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll ein Gedankenanstoß und Anlass zur Auseinandersetzung mit der Planung des Einsatzes digitaler Elemente sein. Unter folgendem Link finden Sie eine interaktive Version der Ideenlandkarte, in der Sie die einzelnen Elemente individuell anordnen und dadurch verschiedene Lehr- und Lernszenarien explorieren können: Ideenlandkarte zum Ausprobieren. (Klicken Sie in der Grafik auf das Zahnradsymbol oben rechts, um zum individuellen Szenario zu wechseln.)
Einordnung multimedialer Elemente
Multimediale Lehr- und Lernelemente (und damit die Anliegen, die Lehrende für ihre Lehrveranstaltung haben) lassen sich nach den in Abbildung 8 angedachten Aspekten Lernphase (Präsenz in Lehrveranstaltung | Selbststudium) und Form der Zusammenarbeit (individuell | kooperativ) unterscheiden. Dabei wird der Aspekt “multimedial” mitgedacht, da der Fokus im vorliegenden Wiki-Artikel auf der Umsetzung von multimedial gestützten Lehrveranstaltungen liegt. Daher wird das Lernen häufig online stattfinden oder durch digitale Tools ergänzt werden. Andere Aspekte des digital unterstützten Lernens wie Zeit (synchron | asynchron) oder das Ziel des unterstützenden Technikeinsatzes (Kommunikation | Kooperation | Organisation) können innerhalb der Cluster mitgedacht werden. Ordnet man die einzelnen Beispiele für multimediale Lehr- und Lernelemente entsprechend ihrer Ausprägung der beiden genannten Aspekte, so entsteht eine Matrix mit vier Quadranten.
Quadrant I: kooperativ/Selbststudium
In Quadrant I finden sich Elemente und Szenarien, in denen Studierende mit digitaler Unterstützung außerhalb der Lehrveranstaltung gemeinsam lernen. Das kann die Selbstlernphase eines Blended Learning oder Inverted Classroom Szenarios sein oder eine selbstorgansierte Nachbereitung der Lehrveranstaltung in einer Lerngruppe.
Beispiele |
|
Quadrant II: individuell/Selbststudium
Quadrant II zeigt die digitalen Lernelemente, die das individuelle Selbststudium unterstützen. Diese können ebenfalls Bestandteil eines elaborierten Lehr- und Lernszenariums sein oder Teil der selbständigen Vor- oder Nachbereitung.
Beispiele |
|
Quadrant III: individuell/Präsenzveranstaltung
In Quadrant III sind alle multimedialen Elemente versammelt, die das individuelle Lernen in den Präsenzterminen der Lehrveranstaltung unterstützen.
Beispiele |
|
Quadrant IV: kooperativ/Präsenzveranstaltung
Quadrant IV zeigt multimediale Elemente, die das kooperative Lernen in der Präsenzphase unterstützten. Grundsätzlich können dabei auch alle Elemente zum Einsatz kommen, die auch für den individuellen Lernenden nützlich sind. Darüberhinaus sind auch Elemente nützlich, die den Gruppenprozess organisieren.
Beispiele |
|