Das Arbeitsfeld der AG E-Didaktik des @LLZ schließt eine Wissensorganisation zur
- kompetenzentwickelnden
- didaktischen und
- methodischen
Die klassische Präsenzlehre in Form von Vorlesungen, Seminaren und Praktika ist die stützende Säule der Lehre an unserer Universität. Der Dozent steht zumeist einer hohen Anzahl Studierender gegenüber, präsentiert nicht nur, sondern bietet zudem Raum für eine Diskussion und fachliche Unterstützung. Diese Lehr-/Lernsituation ist durch den Einsatz digitaler Medien Veränderungen unterworfen. Maßnahmen im Kontext der Verbesserung der Lehre an der Martin-Luther-Universität beziehen die verstärkte Nutzung digitaler Medien und den Einsatz moderner Lehr-/Lernmethoden ein. Die Notwendigkeit digitale Medien in der Hochschullehre zu nutzen, wird dabei im Paper „Innovationsprojekt <Studium Multimedial>“ aus folgenden Begründungen abgeleitet[1]:
Die verstärkte Einführung online verfügbarer Lehr-/Lernmaterialien richtet sich auf eine Ergänzung, Verbesserung und Erweiterung bisheriger Lehr-/Lernangebote durch den Einsatz digitaler Medien, nicht auf den Ersatz der Präsenzlehre. Über das Internet verfügbare Online-Lehr-/Lerneinheiten bieten neben dem Vorzug zeit- und ortsunabhängig zu lernen, auch unter den Aspekten der Wiederholbarkeit und Anpassung an das individuelle Lerntempo, eine Verbesserung der Studienbedingungen.
Zudem schließt der Einsatz digitaler Medien auch folgende Vorteile ein:
Aus den o.g. Ansätzen ergeben sich Fragestellungen, die in einer Konzeption von E-Learning-Arrangements beachtet werden müssen. Die E-Didaktik beschäftigt sich mit der Auswahl, Gestaltung und dem Einsatz digitaler Medien im Lehr-/Lernprozess, um diesen zu unterstützen und verbessern. Unter diesen Anforderungen müssen sich Technik und Didaktik gegenseitig herausfordern, gewinnbringend fördern und sinnvoll ergänzen. Der Einsatz von E-Lectures in Kombination mit der Form der Face-to-Face-Kommunikation versteht sich somit auch als eine didaktische Gestaltungsaufgabe. Das Ziel ist ein sinnvoller und begründeter auf den gesamten Lehr-/Lernprozess ausgerichteter Einsatz geeigneter Konzepte, Methoden und Medien.
Das Arbeitsfeld der AG E-Didaktik des @LLZ schließt eine Wissensorganisation zur
Als Hauptaufgabe ergibt sich die individuelle Unterstützung der Lehrenden in den Fakultäten durch Beratung, Prozessbegleitung und Qualifizierung bei der Entwicklung, Erprobung und Anwendung von Lehr-/Lernmaterialien und –methoden. Eine besondere Bedeutung innerhalb planerisch-konzeptionellen und operativ-gestalterischen Prozesse kommt dabei dem Didaktischen Design zu. Die Wiki-Seiten „E-Didaktik“ dienen zudem der Erläuterung der Kernbegriffe, Modelle, Theorien und Konzepte, die zum grundlegenden Verständnis der Szenarien notwendig sind.
Die Didaktik als Wissenschaft von der Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens beschäftigt sich sowohl mit inhaltlichen Fragen als auch mit methodischen Überlegungen zu Lehr- und Lernprozessen. Dabei werden die Lerninhalte mit der Gestaltung von Lernangeboten und Methoden, Werkzeugen bzw. Hilfsmitteln verbunden. Die Allgemeine Didaktik stützt sich auf unterschiedliche wissenschaftstheoretische Grundlagen. Diese gehen teilweise von einem anderen Verständnis der Didaktik aus. Didaktische Modelle beinhalten die theoretischen Grundlagen zur Analyse und Planung didaktischen Handelns im Lehr- /Lernkontext und schließen Voraussetzungen und Möglichkeiten für die Praxis des Lehrens und Lernens ein. [2].[3] Grundlegende didaktische Modelle sind nach Blankertz [4]die:
Neben didaktischen Modellen sind Lerntheorien von Bedeutung. Lerntheorien erheben den Anspruch den Lernprozess an sich zu beschreiben bzw. was sich während des Lernens im Menschen abspielt. Kernaspekt ist, die Lernvorgänge aus psychologischer Sicht zu erklären.
Lerntheorien |
Behaviorismus / Lernen durch Konditionieren: Reiz – Reaktionsmechanismus, Lernen durch positive oder negative Konsequenzen |
Kognitivismus / Lernen durch Denken und Einsicht sowie über aktive Beobachtung und Nachahmung |
Konstruktivismus / Lernen durch Konstruktionsprozesse, Beeinflussung durch sinnesphysiologische, neuronale, kognitive und soziale Prozesse |
Die Lerntheorien beinhalten die wesentlichen Aspekte, um die Rolle der Lernenden aber auch Lehrenden und die Vorstellungen von Wissensvermittlung zu verstehen. Unter dem Fokus des Einsatzes digitaler Medien schließen lerntheoretische Vorstellungen insbesondere Betrachtungen, wie Lernende in multimedialen Lernumgebungen lernen, ein. Diese Ansätze werden dem Konstruktivismus zugeordnet. Die Theoriebildung hierzu ist vielfältig und äußert sich in unterschiedlichen Ausprägungen, wobei sich bislang keine einheitliche Theorie durchgesetzt hat.[5]
[6]
Die Planungsschritte für E-Learning gleichen denen für den Präsenzunterricht im Wesentlichen. E-Learning unterliegt allerdings Einschränkungen bezüglich
Diese Eigenschaften von E-Learning machen eine noch präzisere – und zeitaufwendigere – didaktische Planung notwendig, als für Präsenzveranstaltungen (vgl. Kerres, 2012: 192ff)[7]. Hierbei muss antizipiert werden, wie die Lernenden mit den Inhalten und dem System interagieren: An welcher Stelle benötigen die Lernenden unter Umständen eine technische Hilfestellung? Wo benötigen die Lernenden inhaltliches Feedback? Wodurch kann kooperatives Lernen in der E-Learning-Umgebung ermöglicht bzw. gefördert werden? Kann die Betreuung der Lernenden automatisiert durch das E-Learning-System erfolgen oder ist an bestimmten Punkten eine personale Betreuung notwendig? Welche Interaktionsmöglichkeiten zwischen Lehrkraft und Lernenden bzw. zwischen Lernenden und Lernenden sind hierfür erforderlich?
Das systematische Didaktische Design ist die Grundlage für die spätere Effektivität einer E-Learning-Anwendung. Didaktisches Design umfasst nach Ballstedt "die Entwicklung von Lernumgebungen von der Konzeption bis zur Evaluation" [8]. Die Abbildung rechts stellt das Didaktische Design in den Ebenen Analyse, Content, Gestaltung einschließlich Motivationsdesign und Evaluation dar. Um den Designprozess zu unterstützen, wurden eine Reihe von Instruktionsdesignmodellen entwickelt, die wesentliche Analysen und Designentscheidungen bei der Entwicklung von Lernanwendungen berücksichtigen. Das Decision Oriented Instructional Design Model von Niegemann et al. (2008, 83–88)[9] beispielsweise wurde speziell für die Konzeption multimedialer Lernumgebungen entworfen. Noch vor Beginn des eigentlichen Designprozesses wird die Durchführung einer Reihe von Analysen empfohlen, die sich auf klassische Bereiche der didaktischen Lehrplanung und -konzeption beziehen – die Problemstellung, die Lehr-/Lernziele und Methoden, den Kontext und die Adressaten. Daran anknüpfend erfolgt der Designprozess mit Entscheidungen zu Format, Contentstrukturierung, Motivationsdesign, Interaktionsdesign, Usability, Grafikdesign und Multimedia. Zur Qualitätssicherung werden ein kontinuierliches Qualitätsmanagement und eine summative Evaluation vorgeschlagen. Aufgrund der Komplexität und zugleich Starrheit dieser Vorgehensmodelle, wird im Folgenden eine Vereinfachung vorgenommen, die an die Bedingungen an der MLU (vordefinierte Zielgruppen und Lehrveranstaltungsformate, ILIAS als Lernmanagementsystem, Lehrende als Designer der Lernanwendung) angepasst ist.
Ziele als Ausgangspunkt des Gestaltungsprozesses
Zunächst sollten die generellen Ziele, die mit der Nutzung digitaler Medien erreicht werden sollen, bestimmt werden. Die Ausgestaltung der Nutzung – beispielsweise das Ausmaß der Integration von E-Learning-Elementen in einer spezifischen Lehrveranstaltung – ist eng an die Zielstellung gekoppelt. Sollen lediglich Materialien online zur Verfügung gestellt werden, um Lernenden die zeit- und ortsunabhängige Wiederholung oder Vertiefung von Inhalte zu ermöglichen? Soll die Lehrveranstaltung – aus didaktischen, ökonomischen oder curricularen Gründen – teilweise oder gänzlich online stattfinden? Je nachdem, welchen Virtualisierungsgrad eine Lehrveranstaltung haben soll, ändert sich auch die Relevanz didaktischer Bausteine. Während eine Möglichkeit zum Austausch zwischen den Teilnehmern (z. B. ein Forum oder ein Chat) in einer online stattfindenden Lehrveranstaltung beispielsweise höchst relevant ist, sinkt diese Relevanz mit abnehmendem Virtualisierungsgrad.
Die konkrete Gestaltung einer E-Learning-Anwendung hängt maßgeblich davon ab, welche Lehrziele damit verfolgt werden. Sollen die Lernenden lediglich bestimmte Fakten auswendig lernen, empfiehlt sich ein anderes Didaktische Design, als wenn sie sich Wissen aneignen oder es anwenden bzw. Kompetenzen erwerben und/oder trainieren sollen. Die Analyse der Lehr-/Lernziele steht am Anfang eines jeden Designprozesses. Lernzieltaxonomien können, auch wenn deren Kategorien weder trennscharf sind noch alle potentiellen Lernziele abdecken, bei dieser Analyse unterstützen. Die Bloomsche Taxonomie [10] ist eine der bekanntesten. Anderson und Krathwohl (2001) [11] entwickelten diese Taxonomie weiter, indem sie eine zweidimensionale Aufgliederung vornahmen. Affektive und psychomotorische Lernziele lassen sich in dieser Taxonomie allerdings nur schwer abbilden.
Dimensionen des Wissens | Dimensionen der kognitiven Prozesse | |||||
Erinnern | Verstehen | Anwenden | Analysieren | Evaluieren | Erschaffen | |
Faktenwissen | ||||||
Konzeptwissen | ||||||
Prozedurales Wissen | ||||||
Meta-kognitives Wissen |
Es gibt jedoch kein allgemeingültiges Rezept für die Zuordnung von Lernzielen zu Lernformen, Lehr- und Lernaktivitäten, Sozialformen sowie Methoden.
Vor der Entscheidung für einen bestimmten Virtualisierungsgrad einer Lehrveranstaltung sollten in jedem Fall folgende Fragen geklärt werden:
Konzeptentwicklung
Im nächsten Schritt erfolgt die konkrete Konzeption der E-Learning-Anwendung. Zur Vereinfachung der Konzeption bietet die folgende Übersicht eine – zugegebenermaßen recht grobe – Orientierung zum Zusammenspiel zwischen unterschiedlichen Arten von Lernaktivitäten, der Rolle des Betreuers während des Lernprozesses, den Gestaltungsschwerpunkten und den hierfür geeigneten Bausteinen in ILIAS.
Die Studierenden sollen | Rolle des Betreuers | Fokus der Gestaltung auf | Beispiele in ILIAS |
---|---|---|---|
vorwiegend Inhalte rezipieren. | für inhaltliche Nachfragen zur Verfügung stehen | Materialdesign (z. B. Texte, Bilder, Videos) | Lernmodul, Test, Forum für Nachfragen |
eigene Inhalte produzieren. | Anleiten, Feedback geben | Aufgabendesign (z. B. Problemstellungen, Übungen, Transferaufgaben) | Datensammlung, Blog, Wiki |
miteinander kooperieren und gemeinsam Inhalte produzieren. | Gruppenprozesse initiieren und betreuen, Feedback geben | Aufgabendesign,
Interaktionsdesign (Anlass und Möglichkeiten zur Kommunikation schaffen, kooperative Elemente wie Peer-Feedback ermöglichen) |
Chat, Wiki, Gruppe, Umfrage |
ihre eigenen Lernprozesse dokumentieren und reflektieren. | Beratung | Portfolio, Blog |
Traditionelle Lehrveranstaltungen können durch den Einsatz digitaler Medien sinnvoll ergänzt werden. Dabei bilden sich neuartige und Mischformen von Lehr-/Lernszenarien, die in einer ganz unterschiedlichen Breite auch in vorhandene Konzepte eingebunden werden können. Mit dieser Entwicklung rückt somit die E-Didaktik stärker in Blickfeld. Auf den Seiten der einzelnen Lehr-/Lernszenarien sollen ein Überblick über verallgemeinerte systematische Szenarien sowie in der Praxis mögliche Umsetzungen für digitale Medien gegeben werden.
Ausgehend von den in der klassischen Hochschullehre etablierten Veranstaltungsformen greifen internetgestützte Lehr-/Lernszenarien deren Bezeichnung auf.[12]
Didaktische Bausteine dienen als didaktisch-methodische Anregungen der Gestaltung von E-Learning-Arrangements. Sie sind somit Werkzeuge und Tools zur Konzeption von digital gestützten Lehrveranstaltungen. Eine übersichtliche Darstellung der didaktischen Konzeption und der Einsatzszenarien dieser einzelnen Bausteine soll Lehrende unterstützen eine für sie passende multimedial aufbereitete Lehr-/Lerneinheit zu entwickeln. Für die Einbeziehung der hier vorgestellten didaktischen Bausteine aber auch der oben genannten Lehr-/Lernszenarien in das eigene Lehrkonzept sind jedoch der eigene Lehrstil und individuelle Umsetzungen mit einzubeziehen.
Motivation, die „aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzuges auf einen positiv bewerteten Zielzustand“ (Rheinberg, 2008: 16)[13], spielt bei Lernprozessen eine bedeutsame Rolle. In E-Learning-Umgebungen, in denen der Lehrende im Gegensatz zur Präsenzlehre nicht jederzeit im unmittelbaren Kontakt zu den Nutzern stehen kann, muss die Motivation der Lernenden bereits bei der Konzeption mitgedacht werden. Multimediale Lernumgebungen sind nicht per se motivationsförderlich. Zwar ist es möglich, dass die Lernenden für eine gewisse Zeit eine größere Motivation zur Auseinandersetzung mit Medium und Inhalten zeigen als bei klassischen Lernmedien – wie z. B. dem Buch – der sogenannte Neuigkeitseffekt hält jedoch nicht an (vgl. Kerres, 2001: 97f)[14]. Eine wichtige Aufgabe bei der Konzeption einer E-Learning-Einheit ist daher das Motivationsdesign. Die vorrangige Zielstellung hierbei ist es, die Motivation der Lernenden anzuregen und möglichst hoch zu halten. Dies gilt umso mehr, da die Lernenden selbst entscheiden, wie oft, wie lange und wie tiefgehend sie sich mit den Lerninhalten beschäftigen.
Für die Qualität und den Erfolg von E-Learning-Angeboten für die Studierenden sind die fachliche Betreuung und eine Feedbackkultur unerlässlich. Häufig ist die tutorielle Betreuung der Studierenden in E-Learning-Angeboten mangelhaft, da mit der Betreuung ein hoher Zeit-, Arbeits- und Organisationsaufwand verbunden ist. Obgleich die Medien eine unterstützende Funktion in E-Learning-Einheiten einnehmen, sollte zwingend ein fachliches Betreuungskonzept in die Planung integriert werden. Lernmanagement Systeme bedienen sich unterschiedlicher Kommunikationselemente und ermöglichen somit eine fachliche Betreuung einzubinden. Zu den übergeordneten Aufgabenbereichen eines E-Moderators oder Blended Learning Tutors gehören didaktisch-methodische, fachliche, technische, sozial-kommunikative und organisatorische Aufgaben, wobei diese nicht immer klar voneinander abzugrenzen sind, sondern Überschneidungen aufweisen.[15] [16] [17] [18]
Beispiele für Kommunikationstools im ILIAS
Organisation
E-Learning-Arrangements zu erstellen und umzusetzen erfordert einen hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand. Neben der konzeptionellen Phase, sind die Erarbeitung und Gestaltung der Inhalte, die Organisation des Ablaufs der Veranstaltung sowie deren Umsetzung und die Nachbereitung zu berücksichtigen. Erfolgt die Erstellung eines Lehr-/Lernszenarios durch mehrere Mitarbeiter oder auch ein interdisziplinäres Team mit unterschiedlichen Kompetenzen (Content, Medien, Technik) ist ein hohes Maß an Abstimmung zwischen den Bearbeitern notwendig, um qualitativ hochwertiges Lehr-/Lernmaterial (Video, Simulationen, Animationen etc.) mit vertretbarem zeitlichen Aufwand zu erstellen. Insbesondere sind in Teambesprechungen die fachlichen Inhalte und die Bearbeitungsabläufe zu dokumentieren. Hilfreich sind Meilensteinpläne, Kurzziele, Produktions-Meetings und Workflows. Zudem muss auch der Betreuungsaufwand in der Umsetzungsphase berücksichtigt werden. Insbesondere kollaborative Bausteine wie Wikis oder Foren oder auch Leistungsnachweise durch z. B. E-Klausuren sind zeitaufwändig. Obgleich dem Lehrenden dann der Ablauf des Lehr-/Lernszenarios klar ist, muss auch für die Studierenden herausgestellt werden, ob es sich um ein optionales oder integrales Angebot handelt. Lernziele, Zeitaufwand und Abfolge müssen in E-Learning-Arrangements transparent dargelegt werden, um den Studierenden eine Orientierung zu geben.