Wir haben zu der Thematik auch einen Selbstlernkurs: https://elearning.uni-halle.de/oer-kurs |
Offene Bildungsressourcen (engl.: Open Educational Resources) bezeichnen Lehr-, Lern- und Forschungsmaterialien in jeglicher Form, ob digital oder analog, die unter einer freien Lizenz veröffentlicht oder gemeinfrei (Public Domain) für andere nutzbar gemacht wurden. Die Vervielfachung, Bearbeitung und Verbreitung kann je nach gewählter Lizenzierung mit oder ohne geringfügige Einschränkungen erfolgen und ist kosten- sowie barrierefrei. Offene Bildungsressourcen schließen jegliche Medienformate wie Grafiken, Fotos, Texte, Videos, Arbeits- und Kursmaterialien sowie Software, digitale Tools und Techniken ein, welche die Nutzung und technische Verbreitung von Lerncontent unterstützen.[1] Das Hauptanliegen der OER-Bewegung ist die Liberalisierung von Bildung durch einen inklusiven und chancengerechten Zugang zu Bildungs- und Forschungsressourcen.[2] Die Zielstellungen der Bewegung beschränken sich nicht nur auf die technische und barrierefreie Bereitstellung der offenen Bildungsressourcen und ihren rechtlichen Gebrauch, sondern thematisieren auch wirtschaftliche Aspekte ihrer Implikation und die Förderung von Kompetenzen seitens der Akteure sowie eine nachhaltige Verankerung der OER.[3]
Grundprinzipien offener Bildungsmaterialien
Die Merkmale der Offenheit von Bildungsmaterialien wurden von David Wiley als die „5r“ zusammengefasst und im Deutschen wie folgt als 5V der Offenheit übersetzt:[4]
- Verwahren/Vervielfältigen (Kopien erstellen, behalten und unlimitierter Zugriff [Download und Speicherung])
- Verwenden (Einsatz der Medien für eigene Zwecke [Lehre, Website etc.])
- Verarbeiten (Inhalte dürfen zur Anpassung abgewandelt, bearbeitet und umgestaltet werden [Niveau einer Prüfungsleistung anheben])
- Vermischen (Inhalte dürfen zur Weiterentwicklung kombiniert werden [Einfügen von Bildern in ein Arbeitsblatt])
- Verbreiten (Nutzer ist zur Weitergabe und Verarbeitung der Inhalte berechtigt [Weitergabe im Kollegium])
OER-Angebote
Das Angebot freier Bildungsressourcen ist groß und mittlerweile in allen Bildungsbereichen verfügbar, ob Schul-, Hochschul-, Weiter- oder Berufsausbildung. Die Medienformate reichen vom einfachen Schulbuch im Unterricht bis zu Online-Kursen in der Hochschulbildung [5]. Eine zentrale Plattform für OER existiert derzeit nicht, da dies gegen das freie, offene und vielfältige Verständnis der Open-Bewegung sprechen würde.[6] Der Austausch offener Bildungsressourcen kann auf Internetplattformen verschiedener nationaler und internationaler OER-Initiativen oder Projekten erfolgen. Die Organisation der Materialien kann entweder als Repository oder als Referatory erfolgen. Bei einem Repository kann der Nutzer direkt auf gespeicherte Inhalte zugreifen, während das Referatory eine Liste von Links beinhaltet, die zu den entsprechenden Seiten und Inhalten weiterleiten.
Beispiele für OER-Initiativen und -Projekte
Standardisierte Schnittstellen für den Materialaustausch werden für den deutschsprachigen Raum vor allem durch den Deutschen Bildungsserver und die Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Beispiele für OER-Projekte des Deutschen Bildungsservers sind ELIXIER und Edutags.[7]
Daneben engagieren sich insbesondere für den Hochschulbereich Landesinitiativen einzelner Bundesländer im Bereich OER (KN-OER). Diese Repositorien, wie z.B. ORCA.nrw, ZOERR (BaWü) oder auch twillo (Niedersachsen) sind miteinander verbunden und ermöglichen den Zugriff auf aktuell mehr als 60.000 Bildungsmaterialien.
Lehrende der MLU können die OER-Plattform twillo kostenfrei mit ihrem MLU-Account über die DFN-Schnittstelle Shibboleth nutzen.
Lizenzierung
Um den freien Zugang zu Offene Bildungsressourcen zu ermöglichen, werden sie von der Urheberin oder dem Urheber unter freien Lizenzen veröffentlicht. Diese Lizenzverträge ersetzen allerdings nicht das allgemein gültige Urheberrecht, sondern dienen als Erweiterung. Das Urheberrecht regelt die Weitergabe erstellter Materialien unter dem Grundsatz „alle Rechte vorbehalten“, was eine Änderung, Verbreitung oder Wiederveröffentlichung der Inhalte untersagt. Die offene Lizenzierung der Bildungsmedien hingegen ermöglicht den freien Zugang, Verarbeitung und Weitergabe des lizenzierten Materials.[8] „Erforderlich ist für OER […], dass der Rechteinhaber dem Nutzer zumindest diejenigen Rechte einräumt, die dieser braucht, um von den Nutzungsfreiheiten, die OER ausmachen, Gebrauch machen zu können.“[9] Welche Lizenzen die Urheberin oder der Urheber dafür nutzt und inwieweit sie oder er die Weiternutzung darüber einschränkt, ist ihr oder ihm überlassen. Gängige Lizenzen sind die Creative Common Public Licenses, kurz CC. Hierbei handelt es sich um eine Zusammenstellung von standardisierten Lizenzverträgen, die durch die Non-Profit-Organisation Creative Commons erarbeitet wurden. Sie dienen als Hilfestellung für Urhebende und andere Rechteinnehabende für eine rechtlich gesicherte Veröffentlichung selbst erstellter Inhalte und deren Weitergabe an oder durch andere. Unter der Verwendung der Lizenzen können die Inhalte zur Nutzung freigeben und im Rahmen der Lizenzbestimmungen öffentlich nutzbar gemacht werden. Nicht alle CC Lizenzen sind für offene Bildungsressourcen geeignet, da sie die weitere Nutzung zum Teil stark einschränken und damit der eigentliche Gedanke der Bildungsliberalisierung nicht verfolgt wird. Dazu gehören die NC und ND Lizenzen. Weiterführende Informationen sind im LLZ Wiki unter dem Begriff Creative Commons zu finden. [10]
Veröffentlichung
Um eigenes Material zu veröffentlichen, kann entweder auf bestehende Plattformen zurückgegriffen oder eigene Projekte ins Leben gerufen werden. Bei der Bereitstellung selbst erstellter Produkte sollte zunächst auf die korrekte Lizenzierung im Sinne der Urheberin oder des Urhebers geachtet werden. Hilfe dafür bietet das LLZ Wiki zu CC-Lizenzen. Wurde dies bedacht, muss entschieden werden, welche Zielgruppe mit dem Angebot angesprochen werden soll. Demnach ist eine Plattform auszuwählen, die sowohl thematisch, als auch nutzerspezifisch zu den erstellten Inhalten passt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass letztlich die richtigen Adressaten erreicht werden können. Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass es sich um eine Schnittstelle handelt, die auf die Qualität und Richtigkeit der Materialien achtet. Je nach Plattform gestaltet sich der Prozess der Bereitstellung unterschiedlich. In den meisten Fällen folgt eine Prüfung durch die Betreiber.
Institutionelle Gründung von OER-Projekten
Neben der Nutzung bereits bestehender Plattformen, können Nutzende, wie Hochschulen, auch eigene Schnittstellen zum Austausch von Bildungsressourcen ins Leben rufen. Im ersten Schritt sollten sich die Anbieter über eine OER-Policy einigen. Diese legt die individuelle Zielstellung des Projekts fest und formuliert eine Strategie, mit welcher eine OER-Plattform in Institutionen oder Organisationen implementiert, genutzt und weiterentwickelt wird. Hilfe bei der Erstellung einer OER-Policy bietet das OER-Policy Development Tool, welches durch das Unternehmen Lumen Learning angeboten wird. Dabei handelt es sich um einen Leitfaden zur Erstellung einer auf die individuellen Bedarfe abgestimmten institutionellen OER-Policy. Neben dem Development Tool können Nutzende auch auf Vorlagen (OER Policy – Template) zur Erstellung einer OER-Policy zurückgreifen, die durch das Commonwalth of Learning angeboten werden. Im Anschluss kann die Plattform in OER-Verzeichnissen oder Suchmaschinen vermerkt werden, um auf sie aufmerksam zu machen. Ein Beispiel hierfür ist der OER-Atlas.[11]
Quellen
- ↑ UNESCO (2017). Ljubljana OER Action Plan 2017.Vefügbar unter: https://en.unesco.org/sites/default/files/ljubljana_oer_action_plan_2017.pdf (abgerufen 14.10.2019)
- ↑ Muuß-Merholz, J. (2017). Freie Unterrichtsmaterialien finden, rechtssicher einsetzen, selbst machen und teilen. Weinheim Basel: Beltz.
- ↑ Zauchner, Sabine; Baumgartner, P. (2007). Herausforderung OER – Open Educational Resources. In: Merkt, Marianne; Mayrberger, Kerstin; Schulmeister, Rolf; Sommer, Angela; Berk, Ivo van den: Studieren neu erfinden – Hochschule neu denken. Münster u.a.: Waxmann, S. 149-158.
- ↑ Muuß-Merholz, J. (2017). Freie Unterrichtsmaterialien finden, rechtssicher einsetzen, selbst machen und teilen. Weinheim Basel: Beltz.
- ↑ Weitzmann, John H. (2014). Offene Bildungsressourcen (OER) in der Praxis. 2. Auflage. Medienanstalt. S. 25 ff.
- ↑ Muuß-Merholz, J. (2017). Freie Unterrichtsmaterialien finden, rechtssicher einsetzen, selbst machen und teilen. Weinheim Basel: Beltz. S. 97.
- ↑ Blees, Ingo; Cohen, Nadia; Massar, Tamara; Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Frankfurt a.M.: Freie Bildungsmedien (OER). Dossier: Offene Bildungsressourcen / Open Educational Resources – Handlungsfelder, Akteure, Entwicklungsoptionen in internationaler Perspektive (Stand: Juni 2013). Frankfurt am Main 2013. S. 16 f.
- ↑ Weitzmann, John H. (2014). Offene Bildungsressourcen (OER) in der Praxis. 2. Auflage. Medienanstalt. S. 25 ff.
- ↑ Weitzmann, John H. (2014). Offene Bildungsressourcen (OER) in der Praxis. 2. Auflage. Medienanstalt. S. 10.
- ↑ https://de.creativecommons.org
- ↑ Fahrenkrog, Gabi für OERinfo - Informationsstelle OER. Verfügbar unter: https://open-educational-resources.de/unterstuetzung-zur-erstellung-einer-institutionellen-oer-policy-durch-das-oer-policy-development-tool/ (abgerufen 27.09.2019)