Einleitung
Das Interesse für Portfolios im Bildungsbereich ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Dafür spricht die Publikationsanzahl in ERIC (Educational Resources Information Center) am 20.06.2013, wo 4954 Publikationen erkundet werden konnten. Im Internet lassen sich neben zahlreichen Projekte auch entsprechende Software, Softwareanbieter und Communities finden. Folgende Abbildung zeigt das steigende Interesse am Suchbegriff „ePortfolio“ im zeitlichen Verlauf (2005-2013) über die Suchmaschine Google. Die Zahlen stellen das Suchinteresse relativ zum Höchstwert im Chart dar.
Abbildung 1: Suchanfragen zum Begriff „ePortfolio“ bei Google. Quelle : Google Trends am 20.06.2013 (http://www.google.de/trends/explore?q=EPortfolio#q=EPortfolio&cmpt=q)
Die Grundidee von Portfolios
Im Bildungsbereich findet man Portfolios:
- für verschiedene Altersgruppen (vom Kindergarten bis hin zum Studium)
- für unterschiedliche Ziele (von der Präsentation der ersten Gehversuche, der Darstellung der Lernfortschritte bis hin zum Bewerbungsportfolio) und
- mit verschiedenen Medien umgesetzt (Portfoliosoftware, Lernplattform, Word-Datei, Ordner, Schuhkarton etc.).
Die Grundidee aller Portfolioansätze fasst Häcker so zusammen: „Es geht um die Darstellung der eigenen Entwicklung, des eigenen Könnens bzw. der eigenen Leistungen, wobei die Entscheidung, was der/die Autor/in darüber von sich preisgibt, mehr oder weniger in ihrer Autonomie liegt. (2006:84; Hervorhebung i. O.).
Was können Portfolios leisten?
Definition von Portfolios von Paulson et. Al. (1991) (Übersetzung von Häcker, Thomas. (2006). Portfolio: ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.)
Die Kernaussagen der Definition werden nachfolgend hervorgehoben und erklärt.
Artefakte-Sammlung |
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Ausgangspunkt eines Portfolios ist das Anlegen einer Artefakte-Sammlung. Diese wird von Lernenden selbst erstellt, welche auch die Verantwortung dafür tragen. |
zielgerichtet |
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Artefakte-Sammlungen werden zielgerichtet im Gegensatz zu unfokussiert erstellt. Sammlungen ohne einen Fokus können sehr schnell umfangreich werden und das Gelingen eines Portfolio-Projektes gefährden. |
Zielgerichtet |
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Artefakte-Sammlungen werden zielgerichtet im Gegensatz zu unfokussiert erstellt. Sammlungen ohne einen Fokus können sehr schnell umfangreich werden und das Gelingen eines Portfolio-Projektes gefährden. |
Fortschritte |
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Die Artefakte-Sammlung eines Portfolios wird über einen längeren Zeitraum angelegt und ist ein hervorragendes Instrument zur Darstellung eigener Lernfortschritte. |
Selbsteinschätzung |
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Die Autoren eines Portfolios müssen in der Lage sein, ihre Leistungen anhand von Kriterienlisten selbst einzuschätzen. So sind z.B. in Sprachenportfolios Selbsteinschätzungen im Checklistenformat etablierte Instrumente. |
Selbstreflexion |
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Gängig in Portfolios sind Reflexionen zu den Artefakten. Diese werden durch Hilfsfragen angeleitet. |
Interdisziplinär |
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Portfolios können interdisziplinär eingerichtet werden, da sie i.d.R. nicht fachgebunden angelegt werden. |
Kommunikation |
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Während der Portfolioarbeit setzen sich Lernende intensiv mit den ausgewählten Themen auseinander. Ihre Portfolioergebnisse können sie sowohl Peers und Lehrenden als auch externen Personen kommunizieren. |
Typen von Portfolios
In der Literatur kursieren viele verschiedene Typologien von Portfolios. Die Vielfalt spiegelt einerseits den Variantenreichtum von Portfolios im Bildungsbereich und deutet andererseits darauf hin, dass keine Einigung über Portfoliotypen, -arten und sonstige Begrifflichkeiten gelungen ist. So scheint es umso wichtiger, bei der Portfolioarbeit zu definieren, welche Ziele ein Portfolio verfolgt, wer die Zielgruppen sind, wie bei der Artefaktesammlung vorgegangen wird usw. Diese und andere Fragen werden im Punkt „Entstehungsprozess“ vorgestellt.
Abbildung 3: Diese Abbildung zeigt drei verschiedene Portfoliotypen für Lernende und für Lehrende.
Elektronische Portfolios
Nicht zuletzt seit der Zunahme der E-Learning-Aktivitäten an Hochschulen macht sich auch in der Portfolioentwicklung ein Übergang zu elektronischen Portfolios bemerkbar. In der Literatur sind sich die Autoren (vgl. Zubizarreta, 2004) darüber einig, dass sich die grundlegenden Prozesse für die Portfolioentwicklung durch E-Portfolios kaum verändert haben „electronic portfolios are created through the same basic processes used for printing portfolios: collection, selection, and reflection“ (Yancey, 2001).
Funktionalitäten von E-Portfolios
Elektronische Portfolios können den Portfoliogedanken von Paulsen et. al. durch folgende Funktionalitäten unterstützen:
- Aufbewahrung: Durch Serverplatz können Lernende in ihren Portfolios eine große Anzahl an Artefakten (Texte, Präsentationen, Filme, Audio-Dateien etc.) speichern.
- Zugang: Der Zugang eines E-Portfolios wird von Lernenden selbst reguliert. Diese entscheiden, zu welchem Zeitpunkt und für welchen Zeitrahmen andere Personen ihr Portfolio ansehen dürfen.
- Sammeln und Teilen: Lernende können in ihren E-Portfolios selbstständig über die Freigabe ihrer Artefakte entscheiden. So ist es möglich, sowohl einzelne Artefakte als auch gesamte Portfoliobereiche für ausgewählte Personen (z.B. Dozenten, eine Lerngruppe oder externe Personen für Bewerbungszwecke) freigeben.
Entstehungsprozess eines Portfolios
In der Literatur kursieren etliche Varianten zur Entstehung eines Portfolios (siehe Danielson und Abrutyn, 1997). Im Folgenden wird ein Entstehungsprozess vorgestellt, der in drei Hauptschritten erfolgt.
1. Die Auswahl eines Anwendungsszenarios |
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Im ersten Schritt wird die Eingruppierung der eigenen Portfolioarbeit in eine Kategorie getroffen:
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2. Die Festlegung der Rahmenbedingungen für die Portfolioarbeit |
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Ziele: Welche Ziele sollen mit dem Portfolio erreicht werden? Beispielsfragen:
Zielgruppe: Welche Akteure sind bei der Portfolioarbeit beteiligt? Beispiele:
Rolle der Beteiligten Beispielsfragen:
Aufgaben der Beteiligen: Wer übernimmt welche Aufgaben während der Portfolioarbeit?
Ressourcen: Festlegung der technischen, zeitlichen und inhaltlichen Ressourcen
Zeitplanung: Festlegung einer Zeitplanung für die Erstellung, die Bearbeitung und die Präsentation des Portfolios. Beispielsfragen:
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3. Der Portfoliozyklus |
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Funktionalitäten in Ilias
Zielgerichtet: Portfolios verfolgen im Idealfall immer ein Ziel - um nicht beliebig zu werden. Das Ilias-E-Portfolio-System bietet den Nutzern die Freiheit, eigene Zielsetzungen zu verfolgen und diese zu visualisieren, indem jeder Nutzer seine eigene Portfolio-Navigationsleiste festlegen kann.
Artefakte-Sammlung anlegen |
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Zielgerichtet vorgehen |
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Das Ilias-E-Portfolio-System bietet den Nutzern die Freiheit, eigene Zielsetzungen zu verfolgen und diese zu visualisieren, indem jeder Nutzer seine eigene Portfolio-Navigationsleiste festlegen kann.
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Selbsteinschätzung |
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Im Ilias-E-Portfolio können Studierende eigene Leistungen/Kompetenzen im Checklistenformat selbst einschätzen. Diese Funktionalität kann als Planungs-, Lernziel-, Übersichts- und Verwaltungsinstrument verwendet werden. Ergänzend besteht die Möglichkeit, die Kompetenzmatrix mit „Lernbeweisen“ zu ergänzen. |
Selbstreflexion |
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Im Ilias-E-Portfolio kann die integrierte Blogfunktion für den Zweck der regelmäßigen Selbstreflexion freigeschaltet werden. Studierende können Blogs in gewohnter Weise nutzen, indem sie (Reflexions-)Beiträge formulieren und sie dann als Teil ihres E-Portfolios präsentieren. |
Kommunikation |
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Deutlich wird, dass in Ilias angelegte E-Portfolios verschiedenen Zielgruppen freigegeben werden kann. |
Bearbeitung der Seiten |
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Folgende Möglichkeiten zur Gestaltung der Artefakte sind im ILIAS-Portfolio möglich. |
Sicherung und Export-Funktionalität |
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Deutlich wird, dass in Ilias angelegte Portfolios verschiedenen Zielgruppen freigegeben werden kann. |
Beispielsportfolio
Das E-Portfolio in Ilias eignet sich insbesondere zur Präsentation eigener Lernergebnisse, für Bewerbungszwecke und zur Visualisierung von Lernprozessen. Für Präsentationszwecke wurde ein E-Portfolio in Ilias erstellt, welches von jedem Ilias Nutzer an der MLU angesehen werden kann.
Pfad
- In Ilias einloggen.
- Persönlichen Schreibtisch aufrufen.
- Portfolio anklicken.
- Portfolio anderer Nutzer anklicken.
- „Lavinia Ionica“ auswählen und das Präsentationsportfolio ansehen.
Anforderungen an Lehrende
E-Portfolios werden von Studierenden individuell gestaltet. Erst wenn sie den Lehrenden ihr Portfolio freigeben, haben diese Zugang dazu. Somit besteht die Aufgabe der Lehrende darin, den Studierenden Hilfestellungen anzubieten durch: - Einführungsworkshops zur Portfolioarbeit - Vorlagen um bestimmte Inhalte zu bewältigen - das Angebot von Reflexionsfragen - die Erklärung von Kriterien für die Evaluation der Portfolioarbeit
Externe Alternativen
Mahara (open source)
Literatur
Häcker, Thomas. (2006). Portfolio. Ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen. Eine explorative Studie zur Arbeit mit Portfolios in der Sekundarstufe I. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
Paulson, F. L., Paulson, P. R., & Meyer, C. A. (1991). What makes a portfolio a portfolio. Educational leadership, 48/5. 60-63.(Übersetzung von Häcker, Thomas. (2006). Portfolio: ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
Zubizarreta, J. (2004). The Learning Portfolio. Bolton, MA: Anker Publishing.
Yancey, Kathleen Blake (2001). Introduction: Digitalized Student Portfolios. In: Cambridge, Barbara & Kahn, Susan & Thompkings, Daniel & Yancey, Kathleen Blake (Hrsg.). Electronic Portfolios: Emerging Practices in Student, Faculty, and Institutional Learning. Washington, DC: American Association for Higher Education.