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Version vom 21. März 2014, 10:16 Uhr

Vorlesungsaufzeichnungen bieten für Studierende aber auch für Dozierende wesentliche Vorteile, wie die Orts- und Zeitunabhängigkeit bei der Erstellung und Nutzung von Inhalten oder die Möglichkeit zur Wiederverwendung.

Einleitung

Eine wesentliche Methode, um die Lehre multimedial zu unterstützen, ist die digitale Aufzeichnung von Vorlesungen. Sie bereichert und erweitert das Lehrangebot in Präsenzveranstaltungen, Online-Kursen oder Blended-Learning-Umgebungen. Vorlesungsaufzeichnungen werden inzwischen international von nahezu allen renommierten Hochschulen angeboten und teilweise neben internen Plattformen auch für externe Rezipienten zugänglich gemacht. Insbesondere Studierende sind mit neuen und aktuellen Medien vertraut und erwarten deren Nutzung im Kontext von E-Learning-Angeboten. Dazu gehört auch der Einsatz von Lernplattformen, auf denen Vorlesungsaufzeichnungen angeboten werden und zu denen sich Studierende interaktiv untereinander austauschen können.

Vorlesungsaufzeichnungen bieten aber nicht nur für Studierende sondern auch für Lehrende wesentliche Vorteile. Einer auf die jeweiligen Anforderungen angepassten Realisierung sind dabei technisch kaum noch Grenzen gesetzt.

Szenarien

Video on Demand

Die Umsetzung umfasst im klassischen Sinne die auditive und visuelle Aufnahme der Vorlesung mithilfe bereitgestellter mobiler oder stationärer Technik. Ergänzend dazu können alle verwendeten digitalen Materialien synchron aufgenommen werden. Die Aufzeichnungen werden anschließend den Studierenden im Internet auf einer Plattform zur Verfügung gestellt, wo sie zeit- und ortsunabhängig abgerufen werden können.

Livestream

Beim Livestreaming wird eine Vorlesung in Echtzeit übertragen oder als Erweiterung einer Videokonferenz mit anderen Teilnehmern eingerichtet. So kann man virtuelle Klassenräume realisieren, in denen die Teilnehmer ortsunabhängig an einer Vorlesung oder einem Seminar teilnehmen oder Gastdozierende von anderen Universitäten in die Lehre integriert werden.

Inverted Classroom

Vorlesungen können als sogenannte E-Lectures auch vorproduziert werden. Im Vorfeld der Vorlesung werden diese von den Studierenden angeschaut. Die eigentliche Vorlesungszeit kann dann z.B. für Übungen und Diskussionen genutzt werden. Dieses Modell wird als Inverted Classroom bezeichnet und an immer mehr Universitäten eingesetzt. Die Umsetzung wird mittels Programmen vorgenommen, die die Aktivitäten des Desktops aufzeichnen und zusätzlich Ton- und Videoquellen integrieren können. Dozierende sind dadurch jederzeit und überall in der Lage, Inhalte aufzuzeichnen.

Vorteile

Der Einsatz von Vorlesungsaufzeichnungen bietet sich vor allem in solchen Situationen an, in denen die Wiederholung von Lerninhalten essenziell für ein präziseres Verständnis komplexer Themen ist. Eine schwer zu bewältigende Informationsmenge kann von den Studierenden im Nachhinein so oft wie nötig angeschaut, ausgewertet und verinnerlicht werden. Besonders aufwändige oder schwer zu wiederholende Vorlesungen, die Experimente beinhalten oder ein besonderes didaktisches Konzept verwenden, können durch die Aufzeichnungen archiviert und zu einem späteren Zeitpunkt rekapituliert werden. Digitale Interaktionsmöglichkeiten können zudem die Vorlesungen und auch die Erarbeitung der Aufzeichnungen in bestimmten Fällen effektiver gestalten. Zudem ist es anhand der Aufzeichnungen möglich, eine größere Teilnehmeranzahl für den jeweiligen Kurs und damit die Hochschule zu erreichen. Studien belegen eindeutig den Mehrwert für Studierende sowie die häufige Nutzung dieser Lernressourcen, da z. B. höhere Lernerfolge erzielt werden.

Für Dozierende

Für Dozierende bietet das Aufzeichnen von Vorlesungen vor allem den Vorteil, Präsenzveranstaltungen sehr einfach in eine digitale Form zu überführen, ohne die Inhalte und Präsentationen der Vorlesung speziell für E-Learning aufbereiten zu müssen. Die „digitalisierte“ Vorlesungsaufzeichnung bietet dann alle Vorteile digitaler Medien, d.h. insbesondere, dass sie an jedem Ort zu jeder Zeit wiedergegeben werden kann und sich in andere Medien integrieren lässt. Dies kann für den Dozierenden eine große Zeitersparnis bringen. Beispielsweise können so fakultative Grundlagenvorlesungen am Anfang des Studiums digital angeboten oder Gastvorlesungen in eine Vorlesungsreihe integriert werden, ohne dass der Dozierende dazu anwesend sein muss. Die optionalen Verbreitungsmöglichkeiten (siehe unten) der Aufzeichnungen bieten eine zusätzliche Plattform, um die nationale und internationale Bekanntheit des Dozierenden zu fördern. So besitzt z. B. der Mathematik-Professor Jörn Loviscach eine relativ hohe Medienpräsenz, da seine auf Youtube veröffentlichten Vorlesungen mittlerweile schon ca. sechs Millionen mal geöffnet wurden. Dozierende sehen sich bei einer Videoaufzeichnung teilweise erstmalig selbst. Allein diese Selbstreflexion kann sich sehr positiv auf künftige Vorlesungen auswirken.

Für Studierende

Auch aus Sicht der Studierenden bietet die Zeit- und Ortsunabhängigkeit aufgezeichneter Vorlesungen wesentliche Vorteile beim Nacharbeiten der Vorlesung, dem Erledigen von Hausaufgaben oder der Prüfungsvorbereitung. Familiär oder beruflich eingebundenen Studierenden wird so das Studium erleichtert. Aber auch andere Gründe wie Krankheit, Auslandsaufenthalte, überfüllte oder parallele Vorlesungen verhindern die Anwesenheit in Präsenzveranstaltungen, so dass Vorlesungsaufzeichnungen hierfür eine gute Alternative bieten können. Insbesondere ausländische Studierende profitieren von der Möglichkeit, die Vorlesung in angepasster Geschwindigkeit wiedergeben zu können. Inhalte können somit vor allem durch die bessere auditive Situation verstanden werden. Eine zusätzliche Untertitelung würde weiterhin zum Verständnis beitragen und ein Schritt Richtung Barrierefreiheit sein, allerdings den Erstellungsaufwand deutlich erhöhen.

Vorurteile und Herausforderungen

Mit der Einführung neuartiger Medien oder Lernmittel treten natürlich auch Bedenken und Problemstellungen auf. In erster Linie wird befürchtet, dass die Präsenzvorlesungen leer bleiben und letztendlich der Studienerfolg sinkt. Studien und Erfahrungsberichte widerlegen dies allerdings. So bescheinigt z. B. eine Studie der Leibniz Universität Hannover, dass Aufzeichnungen „vor allem ergänzend genutzt werden und der Lernerfolg bei Studierenden durch Aufzeichnungen steigt.“. Dennoch sind Vorlesungsaufzeichnungen primär als Ergänzung zur Präsenzlehre zu verstehen. Ein sinnvoller Wechsel von realer und virtueller Vorlesungsform entspricht dabei dem Konzept von Blended Learning, in dem die Präsenzvorlesung ein wichtiger Bestandteil ist und bleibt. Um Vorlesungsaufzeichnungen als sinnvolle Ergänzungen in der Lehre einzusetzen, wird angeregt, auch die Didaktik anzupassen. So könnten z. B. Praxisteile integriert werden, die nur vor Ort durchzuführen sind. Unbestritten entsteht durch den Aufzeichnungs- und Nachbearbeitungsprozess ein erhöhter Aufwand für die Dozierenden. Um diesen möglichst gering zu halten, sollten die nötigen Prozesse weitgehend automatisiert werden. Unvermeidbare Nachbearbeitungsschritte, die nur manuell vorgenommen werden können, sollten unkompliziert zu realisieren sein, damit sie durch die Dozierenden selbst oder studentische Hilfskräfte vorgenommen werden können. Auch birgt der Einsatz von Technik immer die Gefahr, dass es zu Ausfällen kommen kann. Dies kann problematisch für Studierende sein, die (auf die Aufzeichnung vertrauend) nicht an einer konkreten Präsenzvorlesung teilnehmen. Betriebssichere Aufzeichnungssysteme mit möglichst einfacher Bedienung könnten Technikausfälle verringern. Auditive und visuelle Aufzeichnungen können zudem während der Präsenzveranstaltung bei Lehrenden und Studierenden psychologische Artikulationshemmungen auslösen. Dem kann entgegengewirkt werden, indem das System so unauffällig wie möglich (allerdings transparent angekündigt) installiert wird und es die Möglichkeit gibt, Mitteilungen anonym zu machen oder die Aufnahme anzuhalten. Grundsätzlich müssen Bild-, Nutzungs- und Verbreitungsrechte beachtet werden.