Informationelle Selbstbestimmung

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Hintergrund

Das Bundesverfassungsgericht entwickelte 1983 in seinem Volkszählungsurteil aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Demzufolge gewähren Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG dem Einzelnen das Recht grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und in welchem Umfang persönliche Tatsachen offenbart also erhoben, gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden.[1]

Dieser Entscheidung liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Person in seiner freien Lebensgestaltung gehemmt wird, wenn diese nicht weiß, was andere über sie wissen. Daher wird dieses Recht auch dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zugeordnet, welches grundsätzlich die freie Entfaltung der Persönlichkeit schützt.


Schutzbereich

Geschützt werden aber nur persönliche bzw. personenbezogene Daten. Daten die anonymisiert sind und z.B. in einer Statistik genutzt werden, werden nicht geschützt. Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass es aufgrund der vielfachen Möglichkeiten der Datenverarbeitung und Verknüpfung kein an sich “belangloses” Datum im Zusammenhang mit einer Person mehr gibt. Daraus folgt, dass bei jeder Datenerhebung, die nicht völlig anonymisiert ist, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten ist.[2]

Lehrende sind zwar Privatpersonen, wenn sie jedoch in ihrer Tätigkeit als Angestellte, Beamte oder Professoren der Universität oder Hochschule tätig werden und Wissen vermitteln, agieren sie für diese. Eine Universität oder Hochschule ist Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit Teil des Staates. Da Grundrechte immer nur den Staat binden, sind Lehrende in ihrer Position als Mitarbeiter an das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung direkt gebunden.


Einschränkungen

Jedoch gilt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht absolut, sondern kann eingeschränkt werden. Solche Einschränkungen werden durch Gesetze vorgenommen. Oftmals erscheint das Gesetz als Konkretisierung des Grundrechts.[3] Für Hochschulen sind die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze und Hochschulgesetze relevant. In diesem Zusammenhang verlangt das BVerfG, dass ein Gesetz, welches das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschränkt, dieses Recht auch nennt.[4] Beispielhaft dafür ist § 1 Abs. 1 Datenschutzgesetz des Landes Sachsen – Anhalt (DSG LSA), welcher sich ausdrücklich auf das Persönlichkeitsrecht bezieht. § 4 Abs. 1 DSG LSA wiederholt noch einmal die Einschränkbarkeit des Grundrechts durch Gesetz, jedoch unterstreicht der Absatz auch, dass es immer einer gesetzliche Grundlage bedarf, um personenbezogene Daten zu erheben. Ferner gibt das DSG LSA mehreren anderen Rechten und Pflichten Ausdruck, die sich aus dem Grundrecht ergeben. Als Beispiel ist § 15 Abs. 1 DSG LSA zu nennen, der die Auskunftspflicht gegenüber dem Betroffenen regelt. Ein weiteres Beispiel ist § 10 Abs. 1 DSG LSA, der wie vom BVerfG bei der Interpretation des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gefordert, eine klare Zweckbindung bei der Speicherung von Daten vorschreibt und damit die Vorratsdatenspeicherung verbietet.

Literatur

  1. Altevers, Grundrechte - AS Skript, 16. Auflage 2016, S. 33 Rn. 120.
  2. Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, S. 73 f.
  3. Hufen, Grundrechte, 5. Auflage 2016, § 12 Rn. 11 f.
  4. BVerfG, NVwZ 2007, 688 (690)
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