Erforderlichkeit

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Bei jeder Handlung die möglicherweise in die Rechte der Studierenden eingreift, ist zu bedenken, ob diese Handlung erforderlich war. Bei der Ermittlung der Erforderlichkeit einer Handlung ist die Frage zu stellen, ob unter den für die Erreichung eines bestimmten Zweckes gleich gut geeigneten Mitteln, das gewählt wurde, welches das mildeste Mittel ist. Ziel ist es also, bei gleicher Effektivität der Maßnahme so wenig wie möglich in die Freiheit des Betroffenen einzugreifen.[1]

Hintergrund

Um festzustellen, ob ein Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Position z. B. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gerechtfertigt ist, ist es nötig zu überprüfen, ob der Eingriff erforderlich war. [2] In der Tätigkeit als Lehrende der Universität und damit als Teil der staatlichen Verwaltung sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Universität angehalten, den Gedanken der Erforderlichkeit immer zu beachten.

Erforderlichkeit im Datenschutzrecht

Die Bedeutsamkeit des Gedankens der Erforderlichkeit wird auch durch die §§ 9 Abs. 1 DSG LSA und 119 Hochschulgesetz des Landes Sachsen – Anhalt (HSG LSA) unterstrichen, die beide auf die Erforderlichkeit der Datenerhebung verweisen. Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang einen Pool an Überlegungen entwickelt, die bei der Bestimmung der Erforderlichkeit und Intensität der Datenerhebung zu beachten sind. So ist zu fragen, ob es einen bestimmten Anlass oder Verdacht gibt, gerade diese Daten zu erheben. Ein Verdacht könnte dazu führen, dass mehr Daten bzw. qualitativ bessere Daten erhoben werden können, als bei Betroffenen, die keinen Anlass oder Verdacht liefern. Ein denkbares Szenario wäre, dass ein Studierender oder eine Studierende aufgrund auffälligen Verhaltens während der Prüfung Anlass zum Betrugsverdacht liefert. Dies kann es erforderlich machen, aufgrund des Verdachts, mehr Daten über den Studierenden oder die Studierende zu erheben, beispielsweise, ob er bzw. sie schon vorher durch Betrugsversuche aufgefallen ist.[3]

Sensibler ist mit den Daten umzugehen, wenn sie heimlich erhoben werden oder den Betroffenen besonders in seiner Persönlichkeitsentfaltung einschränken. Beispielhaft für die Entfaltung einschränkende Daten sind besonders persönliche Informationen über Studierende, die eher im persönlichen Vertrauensverhältnis angesiedelt sind, denn im kollegialen Verhältnis. Ein denkbarer Fall wäre eine Abschlussarbeit, die an den persönlichen Alltag des Studierenden oder der Studierenden anknüpft. So könnte es zum Beispiel in der Arbeit um die Untersuchung der Beweggründe für Diskriminierung und homophobes Verhalten gegenüber dem Studierenden oder der Studierenden gehen, die er bzw. sie im Alltag erlebt. Die Information der sexuellen Ausrichtung wird meist nur im engsten Freundeskreis und der Familie preisgegeben. Daher unterliegen diese Informationen, wenn sie auch dem Lehrenden direkt oder indirekt mitgeteilt werden, einer besonderen Sensibilität.[4]

Nachweise

  1. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 79. EL Dezember 2016, Art. 20 Abschn. VII Rn. 113.
  2. Epping, Grundrechte, 6. Auflage 2015, S. 19 Rn. 42
  3. Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, 3. Auflage 2015 S. 77 Rn. 161.
  4. BVerfG, MMR 2006, 531 ff.
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